Eine Kurzgeschichte der Kogge

Die »Kogge« wurde 1962 bei Ausbaggerungsarbeiten in der Weser bei Rablinghausen gefunden. Der Fund der »Kogge« war mit ausschlaggebend, das Deutsche Schiffahrtsmuseum zu gründen. Im Rahmen von drei Bergungskampagnen wurde der Fund in demontierter Form nach Bremerhaven gebracht.

In einem Annex am Scharoun-Bau wurde in der später als Museumsraum genutzten sog. »Kogge-Halle« zunächst ein Werkstattraum eingerichtet. Dort wurde die »Kogge« wieder zusammengesetzt und anschließend mehrere Jahre in einem mit Polyethylenglykol (PEG) gefüllten Tank konserviert.

Der Einsatz des PEG erfolgte als Teil der am DSM geleisteten experimentellen Grundlagenforschung und in engem Austausch mit europäischen Kollegen. Aufgrund der dem Fund und seiner Konservierungsforschung zugemessenen Bedeutung wurde das Deutsche Schiffahrtsmuseum seit 1980 auf der »Blauen Liste« geführt. Der Konservierungstank wurde Teil der ersten Ausstellung.

2000 wurde die Konservierung der »Kogge« abgeschlossen und diese erstmals freistehend gezeigt. 2009 wurden äußere Stützen an der »Kogge« angebracht, da das Holz unerwarteter Weise nach außen drückte und die Kogge auseinanderzubrechen drohte. Ursache dafür waren der fehlende Wasserdruck und das durch die PEG-Tränkung veränderte spezifische Gewicht des Holzes. Die Stützen machen die Forschungsgeschichte sichtbar.

Langfristig gilt es, eine dauerhafte, aus ingenieurswissenschaftlicher Perspektive geeignete Präsentationsform der »Kogge« zu entwickeln. Derzeit werden in einem ersten Schritt und unter Einsatz unterschiedlicher Methoden digitale Messungen vorgenommen, um die Kräfteverhältnisse der »Kogge« als Grundlage für einen Maßnahme- und Handlungsplan zu verstehen.

Im März 2017 wurde die sanierte »Kogge-Halle« mit einer neuen semi-permanenten Ausstellungskonzeption eröffnet. Die Ausstellungskonzeption selbst wurde begleitet von Expertengesprächen (Wissenschaftlicher Workshop, Workshops zur Barrierefreiheit und zum Vermittlungskonzept) sowie zweier Lehrveranstaltungen der Universität Bremen. Zusätzlich wurden temporäre Fellowships an externe Experten zur Erarbeitung von Ausstellungsinhalten vergeben. Die Ausstellung zeichnet sich durch eine enge Verknüpfung mit aktuellen Forschungsprojekten aus, die 2015 am Haus begonnen wurden. Um die Kogge noch besser vor der schädigenden UV-Strahlung zu schützen, wurde eine doppelte Gaze mit Lichtsensorik angebracht.

Was bedeutet die »Kogge« für die Forschung?

Die Bergung der »Kogge« begründete in Deutschland die Unterwasserarchäologie als Disziplin. Hieran wurden grundlegende Dokumentations- und Rekonstruktionsmethoden entwickelt.

Die Konservierung der »Kogge« mit Polyethylenglykol (PEG) war ein großes Experiment der Forschung. Heute ist sie aus wissenschafts- und museumsgeschichtlicher Sicht ein spannendes Forschungsobjekt.

Aufgrund seiner Größe und Vollständigkeit ist die »Kogge« der einzige erhaltene Fund seiner Art. Sie gilt innerhalb der Forschung daher noch heute als Referenzobjekt.

Welche Forschungsfragen werden derzeit an die Kogge gestellt?

Das im Leibniz Wettbewerbsverfahren (Förderlinie 4: Frauen in wissenschaftlichen Leitungsfunktionen) geförderte Projekt »Zwischen Nordsee und Nordmeer: Interdisziplinäre Forschungen zur Hanse« fragt danach, wie der Handel auf den nordatlantischen Inselgruppen Shetland, Färöer und Island organisiert und reguliert war. Wie waren die Kaufleute untereinander vernetzt? Welche Schiffstypen kamen zum Einsatz, und wie entwickelten sie sich? Welche Auswirkungen hatten die langen und engen Handelsbeziehungen auch auf die norddeutschen Kaufleute? Im 15. Jahrhundert begannen norddeutsche Kaufleute ihre Handelsbeziehungen auf die nordatlantischen Inselgruppen Shetland, Färöer und Island auszuweiten. In den folgenden 200 Jahren wurden sie zu den wichtigsten Handelspartnern. Durch die engen Kontakte und den intensiven Austausch von Gütern und Gedanken prägten vor allem Bremer und Hamburger Händler Wirtschaft und Kultur dieser Inselgruppen. Ein interdisziplinäres Forscherteam aus Archäologie, Geschichtswissenschaft und Archäozoologie untersucht in diesem Projekt die vielen Facetten dieser Beziehungen. Ausgangspunkt ist dabei die »Kogge«. Laufzeit: 1. Februar 2015 – 31. Januar 2018, eingeworbene Höhe an Drittmitteln: 880.000,- EUR.

Das im Rahmen des EU-COST-Action-Programms (COSCH: Colour in Space in Cultural Heritage) durchgeführte Monitoring (seit 2014) und die auf diesen Ergebnissen aufbauende Doktorarbeit

(»Monitoring von Großobjekten im Museum«) fragen nach dem bestmöglichen Methodeneinsatz für die Detailanalyse der »Kogge« als Grundlage für eine angemessene Präsentationsform und mit dem Ziel ihres dauerhaften Erhalts. Dazu kooperiert das Deutsche Schiffahrtsmuseum mit der Hochschule Jade in Oldenburg.

Im Rahmen des Forschungsverbundes »Historische Authentizität« der Leibniz-Gemeinschaft werden Besucher/innen-Befragungen durchgeführt als Grundlage zur Erforschung der Wahrnehmung und Wirkung von historisch authentischen Objekten.

Welche Forschungsfragen werden in den nächsten Jahren an die Kogge gerichtet?

In Kooperation mit nationalen und internationalen Partnern soll erforscht werden, wie sich die »Kogge« von zeitgleichen Funden ihrer Art unterscheidet, wie sie beispielsweise in Estland, Belgien und Mecklenburg-Vorpommern bekannt geworden sind, und welche kulturhistorischen Schlussfolgerungen sich daraus ziehen lassen.

Unter Einbezug unterschiedlicher Disziplinen soll untersucht werden, wie stark die Rekonstruktion der »Kogge« von zeitgenössischen Vorstellungen geprägt ist und wie digitale Messungen und Modellierungen dazu genutzt werden können, die »Kogge« auf ihre Hochseetüchtigkeit, Fahreigenschaften und Detailausführungen hin zu prüfen.

Auf Basis des derzeit durchgeführten Monitorings und mit Hilfe ingenieurstechnischer und denkmalpflegerischer Expertise soll mittelfristig eine Möglichkeit entwickelt werden, die »Kogge« dauerhaft zu präsentieren.

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